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Tue, 20. Dec 2022 Eichner, Dennis
IIS-Talents: Erfahrungsberichte zum Event bei thyssenkrupp Steel Europe
Leon Berthold, IIS-Talents-Teilnehmer, berichtet über seine persönlichen Eindrücke:
"Im Rahmen des IIS-Talents Programms haben wir die Möglichkeit bekommen, das Duisburger Stahlwerk von Thyssenkrupp Steel am 23.11.2022 zu besichtigen und die Mitarbeiter des Digital Labs sowie Stefan Cassel aus der Personalabteilung persönlich kennenzulernen.
Um die Prozesse besser zu verstehen und einen Eindruck von den Ausmaßen zu bekommen, begann der Tag um 11 Uhr mit einer Führung durch das Thyssenkrupp Stahlwerk in Duisburg. Natürlich mit Sicherheitsequipment.
Die Ausmaße einer solchen Anlage, auch Hütte genannt, werden einem erst wirklich bewusst, wenn 250 Tonnen flüssiges Eisen in einem 100 Tonnen Eimer durch die Luft schweben, getragen von einem Kran als wäre es nichts.
Wir sahen wie Eisen entschwefelt und der Kohlenstoffanteil praktisch verbrannt wird, um Stahl zu bekommen. Äußerst beeindruckend sind auch die gigantischen Ausmaße des Hafens und des Schienen- / Straßennetzes, oder das Warm- und Kaltband in denen aus 20 cm dicken und teils mehr als 5 Meter langen Stahlriegeln (Brammen) eine mehr als 1 km lange millimeterdünne Platte walzt und diese in der Haspelanlage zu der bekannten CoilForm (Spule) aufrollt.
Nach diesen überwältigenden Eindrücken in die Abläufe in einem Stahlwerk war der prozessorientierte Wirtschaftsinformatiker in mir fasziniert. Um das gesehene erstmal zu verarbeiten haben wir um 14.15 ein kurzes Lunch gehabt, wo wir uns in entspannter Atmosphäre mit anderen Studierenden und den Mitarbeitern des Digital Labs und der Personalabteilung unterhalten konnten.
Nach einem leckeren Essen ging der Tag um 14.45 mit einer Vorstellung der Projekte des Digital Labs weiter. Das wir vor einigen Stunden einen Bus brauchten, um in der „Hütte“ von A nach B zu kommen, machte uns dabei die Ausmaße der Projekte umso klarer.
Man konnte die Probleme, an denen sie arbeiten direkt verstehen. Es fängt an mit der Routenfindung der LKWs. Die Ausmaße der Anlage sind so groß, dass man ein eigenes Navigationssystem entwickeln musste.
Aber durch die Ausmaße werden selbst eigentlich triviale Probleme wie das einlesen der zehntausenden Strom und Gaszähler zu komplexen & ungeheuer aufwendigen Aufgaben. Auch hier hilft das Team des Digital Labs, das innerhalb von einem 4 Wochensprint einen App-Prototyp zur automatisierten Zählererfassen entwickelt hat, die aktuell in der Go-Live Phase ist.
Man hat gemerkt das hier tag-täglich an Prozessoptimierungen und einer Reduzierung des Ökologischen Fußabdrucks gearbeitet wird. Nicht nur mit IT sondern auch mit Innovativen Lösungen wie dem grünen Wasserstoff Hochofen, der 2025 in Betrieb gehen soll. Bei regelmäßigen F&E Investitionen von fast hundert Millionen Euro ist es kein Wunder das Thyssenkrupp in der Entwicklung von grünem Wasserstoff Weltmarktführer ist.
Die kontinuierliche Prozessoptimierung, von der so manch ein Wirtschaftsinformatiker schwärmt, ist hier Tagesgeschäft.
Ein Spruch, der sich bei mir eingeprägt hat, ist: „Man sieht keinen Mitarbeiter außer es gibt ein Problem“, was meiner Meinung nach auch die Zukunft der Arbeit ist. Niemand sollte sein Leib und Leben riskieren, um flüssiges Eisen abzustechen (Auslassen des flüssigen Eisens aus dem Hochofen) und nur so kann man in der Globalisierten und Digitalisierten Welt weiter wettbewerbsfähig bleiben.
Was mich persönlich als innerer Informatiker am meisten überzeug hat war aber nicht die Prozessoptimierung durch Apps, sondern die innovative Nutzung von KI. So wird an Themen präventiver Wartung gearbeitet, aber auch visuelle Qualitätskontrolle durch KI, welche aktuell in der Testphase ist. Uns wurden gezeigt, was für Probleme bei der Digitalisierung eines stark gewachsenen und sicherheitskritischen Unternehmens auftreten. Probleme wie das zentrale erfassen der Sensordaten, ohne dass man mehr als 100.000 Sensoren austauscht, oder die Schwierigkeiten immense Datenmengen zu speichern und zu verarbeiten. Daher wird hier z.B. viel im Edge gearbeitet, um die in Millisekunden generierten Bilder zur Qualitätssicherung direkt vor Ort zu bearbeiten.
Zusammenfassend kann man sagen: Ich war überwältigt! Mein Bild von einem klassischen Industrieunternehmen, was einfach nur Eisen von einem Eimer in den anderen schüttet, wurde komplett verändert. Die innovative Anwendung von Digitalisierung und KI zur Qualitäts- und Prozessoptimierung haben mich überzeugt das die deutsche Industrie auch im modernen Zeitalter ein Vorreiter ist. Vielen Dank für diese Erfahrung!"
Endrju Selimaj, IIS-Talents-Teilnehmer, berichtet über seine persönlichen Eindrücke:
"Das IIS-Talents-Programm im Wintersemester 2022/2023 an der Uni Essen startete am 17.11.22 im Rahmen einer Kick-Off-Veranstaltung, bei der wir teilnehmende Unternehmen und Studierende kennen lernen konnten. Bereits am 23.11.22 haben wir im Rahmen des Schwerpunkts „IT-Projekte im Industrie-und Energiesektor“ die thyssenkrupp Steel Europe AG (tks) als Deutschlands größten Flachstahlhersteller im Duisburger Norden besucht und sowohl domänenspezifische als auch IT-managementbezogene Erkenntnisse mitgenommen und uns mit Mitarbeitern von IT-Fachbereichen und der HR-Abteilung ausgetauscht und vernetzt.
Wir wurden am sonnigen Vormittag von Mitarbeitenden des Besucherzentrums und dem tks-HR-Mitarbeiter Herrn Stefan Cassel(Employer Branding Coordinator), welcher den Unternehmensbesuch koordinierte, empfangen. Der Besuchsplan sah erst eine ca. 2 ½-stündige Werkstour durch das rund 10 km² riesige, beeindruckende Industrie-und Hafengelände durch das Besucherzentrum, dann ein gemeinsamer Lunch im Bildungszentrum mit Herrn Cassel und drei Referenten des IT-Bereichs Digital Solutions (DSO) und schließlich eine ca. 2-stündige Vorstellung der Projekte und Aufgaben des DSO-Bereichs vor, welche in einen lockeren und anregenden Austausch der Teilnehmenden mit den tks-Mitarbeitern mündete. Dabei wurde auch auf bestehende Einstiegsmöglichkeiten im Betrieb über Trainee-, Praktika-und Werkstudentenstellen hingewiesen –Kontaktdaten (z.B. LinkedIn-Profile) der Referenten der IT-Bereiche und von Herrn Cassel wurden uns auch mitgeteilt.
Die Werkstour bot einen groben Überblick über die logistischen Zusammenhänge von Hafengelände, Bahn-und Gleisanlagen, Kraftwerk, Hochöfen, Kokerei, Filteranlagen und Rollbandanlagen. Ein wesentlicher Fokus der Führung lag auf der Wasserstofftransformation, welche auf einen Umbau des aktuell CO2-emmissionsintensiven (aktuell ca. 2% in Deutschland) Stahlwerks zur treibhausgasemmissionsfreien, wasserstoffbasierten Produktionsstätte abzielt. Hierfür werden im Laufe des Jahrzehnts, auch mithilfe von hohen Subventionen der Bundesrepublik Deutschland, u.A. moderne Direktreduktionsanlagen und neue Kraftwerke die bestehenden Anlagen ablösen. Durchaus ein Highlight der Führung: wir durften gefühlt inmitten der Hitze, selbstverständlich unter Beachtung von Sicherheitshinweisen und bei entsprechender Kleidung und Schutzausrüstung, aus sicherer Entfernung den Produktionsbetrieb mit geschmolzenem Stahl live miterleben. Das Manövrieren und Behandeln vieler Tonnen flüssigen Rohstoffs über Krananlagen faszinierte die IIS-Talents-Besuchergruppe.
Nach der Werkstour folgte der Lunch, in dem wir uns stärkten und locker miteinander und den tks-Mitarbeitern austauschten. Daraufhin kamen wir zum letzten Programmpunkt, der für uns, vorwiegend als Studierende der Wirtschaftsinformatik, von besonderem Interesse ist: die Vorstellung der DSO-Projekte und der sich daraus ableitenden IT-Organisation, durch die drei IT-Mitarbeiter Herrn Hoefinghoff, Herrn Gorjupund Herrn Eckhoff–jeweils mit Fokus auf die Bereiche IT-Management, Produktion & Industrie 4.0 (im weiteren Sinne: Operation Technology / OT) und Digital Innovation. Dabei stellten sich die Mitarbeiter auch persönlich und ihre Werdegänge vor.
Der erste Vortrag von Herrn Hoefinghoff rahmte tks, im Konzernkonstrukt der ThyssenKrupp AG mit Hauptsitz in Essen, und dessen Kennzahlen vom Geschäftsjahr 2021/2022 (26.304 Mitarbeiter, 13,1 Mrd. € Umsatz, ca. 10,0 Mio. t Rohstahlerzeugung, #1 Stahlproduzent in Deutschland) ein. Die tks bedient verschiedene Bedarfsgruppen (u.A. Automotive, Industry, Heavy Plate, etc.), woraus sich die Unternehmensorganisation und das Digitalisierungsverständnis ableitet. Digitalisierung wird als Prozesseffizienzsteigerungstreiber und Wertgenerierer verstanden. Auf der digitalen Roadmap 2030 liegen Themen wie vernetzte Wertschöpfungsketten, Smart Societies und autonome Mobilität. Aufgrund der Schnelllebigkeit der digitalisierten Welt wurden in den vier digitalen Domänen „Performance“, „Markt & Kunde“, „Produktion“ und „Mitarbeiter“ agile Arbeitsweisen etabliert, um regelmäßige Kurskorrekturen im 3-Monats-Rhythmus und zielorientiertes Arbeiten innerhalb von Arbeitssprints zu ermöglichen.
Der zweite Vortrag von Herrn Gorjup zeigte das Industrie-4.0-Tätigkeitsfeld in tks auf. Auch hier lautet die Maxime: Technologie wird nicht als Selbstzweck, sondern mit Businessnutzen verstanden. Über einen strukturierten Abstraktionsansatz werden hochauflösende Rohdaten mittels Sensoren in metergenaue Anlagedaten, zu Mittelwerten für Standorte und Werke und zu unternehmensweiten KPIs auf ERP-Level verwertet. Von Internet of Things (IoT)-und Machine Learning-Technologien wird Gebrauch gemacht, um z.B. Hafenbelegungspläne, ETA-Berechnungen und Geofencing zu ermöglichen.
Der dritte Vortrag wurde von Herrn Eckhoff mit Fokus auf seinen Arbeitsbereich Digital Labs, ferner Digital Innovation, gehalten. Hierbei werden Bedarfe von Fachbereichen identifiziert, gesammelt und verarbeitet und projektorientiert binnen kurzer Zeit (ca. 1-4 Wochen) MVPs (Minimum Viable Products) unter Einbindung von Fachbereichsmitarbeitern entwickelt –also Prototypen mit minimalen Anforderungen und Eigenschaften, in kürzestmöglichen Zeitspannen. So kann im Anschluss zusammen mit den Fachbereichen über Projektfortführungen entschieden werden. Beispielprojekte, wie eine interne Zählerstandsmessungsapp, KI in der Werkstoffprüfung, ein Kartendienst für Partnerunternehmen und Dienstleister, etc. Best practices: konstruktive Kollaboration, nachhaltiges Netzwerken, Kommunikationsstärke, Standards, Unterstützung durchs Management, und gute Laune führt zu Produktivität. Passend wurde der Vortrag mit einem Verweis auf das soziale Modelabel august&alfred von tks abgerundet und wir tauschten uns noch etwas zu den Herausforderungen und Aufgaben der IT-Bereiche aus.
Schon beim ersten Unternehmensbesuch in diesem Semester wurde deutlich: das IIS-Talents-Programm scheint eine großartige Plattform zu sein, um zu networken, Zugänge zu konkreten Karrieremöglichkeiten und wertvolle Eindrücke und Sichtweisen der Praxis zu erhalten und den eigenen Horizont zu erweitern. In diesem Sinne wir freuen uns auf die nächsten Unternehmensbesuche im Rahmen von IIS-Talents im WiSe 2022/2023!"
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